Die Wiederherstellung von Weltfrieden

Sehr geehrte Gäste, meine Damen und Herren,

Assalam-o-Alaikum, Friede und der Segen Allahs sei mit Ihnen.

Bevor ich mit der offiziellen Rede beginne, halte ich es für angemessen und notwendig, Herrn Lord Eric Avebury meinen Dank auszusprechen. Sie mögen jetzt denken, wie kann eine Person, die nicht der Gemeinde angehört, das Oberhaupt dieser Gemeinde vorstellen, indes betrachte und halte ich ihn für einen der unsrigen, weil er uns bereits seit so langer Zeit auf immer liebenswürdige Art und Weise entgegengekommen ist. Wir schätzen das Interesse, das er der Gemeinde gegenüber fortwährend zum Ausdruck gebracht hat. Ich wünschte mir, dass es mehr Menschen dieser freundschaftlich sorgenden Art gäbe.

Doch möchte ich mich nun meiner Ansprache widmen.

Die Geschwindigkeit, mit der der Frieden sich immer rascher aus der heutigen Welt verabschiedet, bereitet jedem vernünftigen und bewussten Menschen grosse Sorge. Dies betrifft sowohl religiöse Menschen als auch solche, die nicht an irgendeine Religion glauben. Es umfasst Gläubige, ob sie nun an einen einzigen Gott oder viele glauben, und Atheisten, die sogar dessen Existenz verleugnen. Jede Gruppe hat ihre eigenen Argumente. Wie dem auch sei, ich möchte an dieser Stelle keine Debatte darüber beginnen, wer diesbezüglich recht hat und wer nicht.

Sie alle treibt die stichhaltige Sorge, dass der Frieden aus der Welt entschwindet. Der Mensch, der sich selbst als gebildet und zivilisiert betrachtet, fällt wieder zurück in die Zeit der Unwissenheit, als persönlicher Egoismus und falscher Stolz dazu führten, dass sich die Menschen gegenseitig an die Kehle gingen und auf gemeinschaftlicher Grundlage Stämme und Dynastien dazu brachten, sich derartig barbarischen Handlungen hinzugeben.

Es ist infolgedessen eine Sache von grosser Traurigkeit, dass der Mensch dermassen weichherzig geworden ist, dass er den Tieren der Wildnis gegenüber so weitgehend gütig wurde, dass es inzwischen Gesellschaften und Organisationen zum Schutze einiger dieser Arten gibt. Diese Organisationen zwingen Regierungen dazu, die Wildarten zu schützen und Gesetze gegen ihre Ausrottung zu verabschieden. Selbst die Parlamente verabschieden Gesetze, die Strafen vorsehen, falls diese Tiere getötet werden. Zugleich wird der Mensch, der die höchste aller Schöpfungen verkörpert, dem Hunger preisgegeben und Einschränkungen unterworfen. Wirtschafts- und Handelssanktionen werden gegenüber jenen Ländern erhoben, die sich nicht fügen oder an die Leine nehmen lassen.

Es übersteigt das eigene Verständnis, dass dann, wenn Regierungen andere Regierungen herausfordern, um ihre politischen und wirtschaftlichen Ziele zu erreichen, es immer die Armen und friedliebenden Bürger dieser Länder sind, die während des anschliessenden Tauziehens leiden müssen. Sie sind gefangen zwischen den Mühlsteinen von Hunger, Armut und Grausamkeit. Wo liegt der Fehler jener unschuldigen Kinder, die diese Auseinandersetzungen um die politische und wirtschaftliche Überlegenheit nicht einmal verstehen? Selbst, wenn sie all dies verstehen, stehen sie in keinem Zusammenhang damit, zwecks Durchsetzung dieser Absichten anderen Schaden zuzufügen.

Dann beobachten wir, dass diese Angelegenheit damit nicht zu Ende ist. Zorn und Vorurteile erreichen derart hässliche Ausmasse, dass es Kugeln und Bomben regnet ohne Unterschied. Unschuldige Bürger, Frauen und Kinder dieser Regionen und Länder riskieren andauern ihr Leben. Einige von ihnen werden von fremdländischen Streitkräften getötet, und einige werden zum Ziel der einheimischen Landsleute, die Feinde der Menschlichkeit sind und in ihrer Eitelkeit denken, dass sie damit den äusseren Feind demoralisieren. Während auf diese Weise nur ein einziger Feind getötet wird, kostet der gesamte Vorgang zwanzig unschuldige Leben der eigenen Seite. Ich halte solche sogenannten Nationalisten nicht für Freunde der Menschlichkeit.

Heutzutage verfechten und predigen einige Leute die Meinung, dass diese Zerstörungen deswegen verursacht wurden, weil Religionen diese Unterscheidungen hervorgerufen hätten, und es somit Gottesgläubige seien, die diese Verbrechen im Namen Gottes begehen. Dies ist eine absurde Verleumdung von Religion und von Gott. Was glauben Sie denn, wie viele Kriege im Namen von Religion ausgetragen wurden? Obschon viele Historiker Kriege, die im Namen der Religion gefochten wurden, zu ihrer Liste von Kriegen hinzuzählen, wurden nur äusserst wenige Kriege im Namen der Religion ausgetragen. Ausserdem sehen wir, wenn wir die Geschichte irgendeiner Religion betrachten, dass niemals auch nur ein Prophet das Töten anderer im Namen Gottes predigte. Wenn die Lehren nachträglich entstellt und ihnen eine falsche Deutung gegeben wurde, ist das weder der Fehler des Propheten, noch ist es der Fehler seiner Lehren. Weder können wir Gott dafür zur Verantwortung ziehen, dass er einen Propheten gesandt hätte, um Zwietracht zu säen, noch können wir uns — Gott behüte! — jemals vorstellen, dass die Propheten die Menschen im Namen Gottes um sich sammelten, um zu versuchen und umzusetzen, anstelle von Frieden in der Welt Unordnung zu verbreiten. Folgten wir derlei unfundierten Behauptungen weiter, könnten wir sogar einen Punkt erreichen, an dem der eigentliche Grund der menschlichen Schöpfung darauf zurückgeführt werden könnte, Unfrieden in der Welt herbeizuführen.

Wie ich bereits zuvor erwähnte, hat Gott den Menschen zur Krone der Schöpfung gemacht. Ihm wurden die Fähigkeiten des Denkens und der Vernunft verliehen. Er ist mit der Fähigkeit ausgestattet worden, sein Wissen zu vermehren, sich mit hohen moralischen Werten auszuzeichnen; indes vor allem aber, sich an Spiritualität zu übertreffen, seinen Schöpfer zu erkennen und zu lernen, sich Ihm zu unterwerfen und in schwierigen Angelegenheiten um Seine Hilfe nachzusuchen. So lautet, in der Tat, die Lehre aller Propheten. Wenn nun jemand sich nicht entsprechend dieser Lehren verhält, können wir weder die Propheten dafür verantwortlich machen, noch Gott. Wenn wir uns trotzdem den Details aller Kriege zuwenden, ob sie nun gerechtfertigt sind oder nicht, und ob oder nicht sie im Namen von Religion ausgetragen wurden, führte dies zu einer äusserst langanhaltenden Erörterung, die der Zeitrahmen nicht gestattet.

Im Moment möchte ich Ihnen jene Lehren vorstellen, die im Heiligen Koran dafür stehen, Frieden auf Erden zu schaffen. Die Vision Gottes, die im Heiligen Koran im Hinblick auf Frieden wiedergegeben ist, lautet:

“Er ist Allah, ausser Dem es keinen Gott gibt, der König, der Heilige, der Eigner des Friedens, der Gewährer von Sicherheit, der Beschützer, der Allmächtige, der Verbesserer, der Majestätische. Hoch erhaben ist Allah über all das, was sie anbeten!“ (Sure 59 Al-Haschr, Vers 24)

Anhand dieses Verses wird ziemlich offensichtlich: Wie könnte Derjenige, Der der Eigner von Frieden ist und der Gewährer von Sicherheit, tolerieren, dass Seine Schöpfung Frieden und Sicherheit auf der Erde zerstören solle? Wenn wir diese Geisteshaltung verkörpern, wird eine Person, die das Gesetz übertritt und den Frieden in unserem Leben zerstört, für ihre Taten bestraft werden. Andererseits sind diejenigen, die das Gesetz achten, unsere wahren Nachbarn und Botschafter des Friedens. Ihre Freundschaft fördert Gefühle von Liebe und Zuneigung in uns. Wenn jemand sie kritisch beäugt, sind wir zu ihrer Unterstützung zur Stelle.

Entsprechend und den Eigenschaften Gottes zufolge, die im Heiligen Koran erwähnt wurden, missfallen Ihm diejenigen, die den Frieden verletzen. Unserem Glauben nach wird Er ihnen Strafe zumessen, und wenn nicht in dieser Welt, dann sicherlich in der Kommenden. Und Gott wird denjenigen, der Frieden, Sicherheit und Liebe hier verbreitet, sowohl in dieser wie auch in der kommenden Welt segnen.

Die Ahmadiyya Muslim Jamaat hält diesen grundsätzlichen Standpunkt von Liebe und Frieden hoch und lehrt ihn auch anderen.

Frieden kann auf der Welt Einzug halten, wenn nur jedermann Gott erkennt und diesen Punkt versteht, dass es ausschliesslich durch die Liebe zum Schöpfer ermöglicht wird, dass wir Seine Schöpfung lieben können. Das wird die Selbstsucht in uns auslöschen und wir werden über uns selbst hinauswachsen und somit wohltuend für andere sein. Dies wird unsere Wahrnehmungskraft dahingehend erweitern, dass wir nicht nur in unserem eigenen Umfeld für Frieden zu sorgen haben, sondern ebenso Frieden und Sicherheit auf der gesamten Welt zu schaffen haben. Nur dann kann in der Welt ein langanhaltender Frieden errichtet werden.

Falls wir um des eigenen Vorteils willen oder um der Sache unserer eigenen Rechte willen oder um der Rechte unserer Lieben willen nicht zögern, nur für unsere Rechte zu kämpfen, und uns während dieses Vorgangs die Rechte anderer Personen widerrechtlich aneignen oder sie ihnen entreissen, werden wir niemals Frieden stiften können. Kurzum, um wahrhaftigen Frieden schaffen zu können, müssen wir den Geist wahrer Gerechtigkeit verstehen. Wie können wir wahre Gerechtigkeit schaffen, und was ist ihr Geist? In diesem Zusammenhang sagt uns Gott der Allmächtige, Der Sich im Heiligen Koran Selbst als König aller Könige bezeichnet, dass dieser Frieden nur im Zusammenhang mit Gerechtigkeit und Güte zustande kommt. Und wie kann eine solche Gerechtigkeit Zustandekommen? Der Heilige Koran sagt:

“O die ihr glaubt! Seid standhaft in Allahs Sache, bezeugend in Gerechtigkeit! Und die Feindseligkeit eines Volkes soll euch nicht verleiten, anders denn gerecht zu handeln. Seid gerecht, das ist näher der Gottesfurcht. Und fürchtet Allah; wahrlich, Allah ist kundig eures Tuns.“ (Sure 5 Al-Ma’edah, Vers 9)

Der Begründer der Ahmadiyya Muslim Jamaat erläuterte diesbezüglich (während er diesen Vers erklärte):

“Allah der Allmächtige sagt hinsichtlich Gerechtigkeit, dass sie nicht erreicht werden kann ohne Wahrhaftigkeit; dass Eure Feindschaft gegenüber feindlich gesinnten Nationen euch nicht davor hindern sollte, Gerechtigkeit auszuüben. Bleibt gerecht, denn darin liegt Rechtschaffenheit. Nun, ihr wisst genau, dass jene Nationen, die ungerechtfertigter Weise schaden und verletzen und Blutvergiessen verursachen, Frauen und Kindern nachjagen und – den Nichtgläubigen aus Mekka gleich – sie ermorden, und nicht davon ablassen, Kriege zu führen, wie schwer es ist, solche Menschen gerecht zu behandeln. Aber der Heilige Koran hat selbst solch erbitterten Feinden nicht die Rechte genommen und Gerechtigkeit und Wahrhaftigkeit vorgeschrieben. Ich sage euch wahrhaftig, dass es einfach ist, einem Feind mit Feindseligkeit zu begegnen; es aber äusserst schwierig ist, die Rechte der Gegner zu gewährleisten und deinen Feinden gegenüber gerecht zu handeln … Oft legen die Menschen ihren Geschäftskonkurrenten gegenüber Sympathie an den Tag und sprechen mit ihnen auf liebliche Weise, indes sie deren Rechte unterdrücken.“

Folglich wird der Grundstein für Gerechtigkeit in dieser Welt erst dann gelegt werden, wenn das geringste Individuum der Gesellschaft erkennt, dass es die Freude seines Schöpfers gewinnen muss, und dass es Seinen Geboten folgen muss; und wenn solche Individuen gemeinschaftlich versuchen, Frieden zu schaffen, der auf einer umfassenden Grundlage beruht.

Wenn solche Individuen ihre Vertreter für die Regierungen wählen, wird ihr Denken folglich dahingehend ausgerichtet sein, dass sie keine Vergeltung einzufordern haben für ihnen gegenüber begangene Grausamkeiten, weil der Gedanke von Rache von wahrer Gerechtigkeit abweicht. Gleichwohl darf Grausamkeit bestraft werden; aber der Allmächtige Gott sagt, dass die Bestrafung, die Ihr einer Nation angedeihen lassen wollt, die sämtliche Grenzen überschritten hat, die Form eines Krieges annehmen kann. Indes sollte ein solcher Krieg nur solange andauern, bis diese Nation die Ausschreitungen exzessiver Grausamkeit einstellt. Und wenn sie aufgehört hat, dann versucht nicht, Entschuldigungen dafür zu finden, die gesamte Nation zu bestrafen, und nehmt Abstand davon, für vergangene Exzesse Rache zu nehmen.

Obschon dieses Gebot Gottes des Allmächtigen an die Muslime gerichtet ist, enthält es den Status einer Charta für generellen Frieden in der heutigen Welt. Der Heilige Koran sagt:

“Wenn zwei Parteien der Gläubigen miteinander streiten, dann stiftet Frieden unter ihnen; wenn aber eine von ihnen sich gegen die andere vergeht, so bekämpft die Partei, die sich verging, bis sie zu Allahs Befehl zurückkehrt. Kehrt sie zurück, dann stiftet Frieden zwischen ihnen nach Gerechtigkeit, und handelt billig. Wahrlich, Allah liebt die billig Handelnden.“ (Sure 49 Al-Hudschurat, Vers 10)

Diese grossartige Lehre kann heutzutage den Weltfrieden sicherstellen, indes werden wir dafür über die persönlichen und politischen Schatten springen müssen. Nur dann sind wir in der Lage, uns auf solche Weise zu verhalten. Hat sich ein solches Denken erst einmal verfestigt, und beginnt anschliessend irgendein Land, selbst wenn es ein angrenzendes ist, eine Kampagne irgendeiner Art gegen ein benachbartes Land oder auch ein weit entferntes Land, dann sollten sich alle Länder zusammentun und es warnen, dass im Falle, dass Du eine feindselige Situation herbeiführst oder den Frieden eines anderen Territoriums störst, wir alle zusammen Dir den Krieg erklären werden.

Falls die Vereinten Nationen heutzutage dieses Prinzip für alle Länder übernähmen, ob gross oder klein, können die Verschwörungen zur Eroberung der Ressourcen eines anderen Landes oder zur Unterwerfung anderer Länder bereits im Ansatz erstickt werden.

Sollte es schwerwiegende Auseinandersetzungen zwischen zwei Ländern geben, die sich zu einem Krieg entwickeln mögen, können die restlichen Länder zusammenkommen und diese Angelegenheiten lösen, dabei den höchsten Standard absoluter Gerechtigkeit zur Anwendung bringend und ohne Vorurteile irgendeiner Seite gegenüber. Kämen diese Standards zur Anwendung, müssten die sich streitenden Länder einer solchen Vermittlung zuhören. Falls irgendeines dieser Länder eine Zustimmung verweigerte und eine kriegsähnliche Situation schüfe, können alle anderen Länder gemeinsam Krieg gegen dieses Land erklären. Kein einzelnes Land kann gegen die gemeinsame Organisation aller Länder der Welt ankämpfen. Es wird kapitulieren müssen. Wenn das kriegsführende Land einem Frieden zugestimmt hat, sollte das zugrundeliegende Problem mit vollkommener Gerechtigkeit und Gleichheit gelöst werden, und zwar auf eine solche Art und Weise, dass das Land keinerlei Grund hat, gegenüber den anderen Groll zu hegen.

Wir werden nur dann wahren Frieden in der Welt haben, wenn die Nationen und Länder versuchen, auf diese Art und Weise Frieden zu schaffen.

Es ist bedauernswert, dass die Organisation der Vereinten Nationen diesen Prinzipien nicht folgte und in der Konsequenz versagte. Auch heutzutage scheinen die Vereinten Nationen dahingehend zu versagen, die Notwendigkeiten von Gerechtigkeit auszuüben. Es gibt unterschiedliche Standards von Gerechtigkeit für unterschiedliche Länder und unterschiedliche Kontinente. Abgesehen von einigen sehr seltenen Ausnahmen, beruhen die meisten der verabschiedeten Resolutionen der Vereinten Nationen, ob in der Vergangenheit oder selbst bei den heutzutage angenommenen, auf Zweckmässigkeit und Parteilichkeit. Bis zu einer solchen Zeit, in der alle Länder gleich behandelt werden und auf gleicher Augenhöhe, und der Groll und das tiefsitzende Ungerechtigkeitsempfinden nicht beseitigt werden — egal wie viele Organisationen gegründet werden, sie werden nicht in der Lage sein, der Welt den Frieden zu bringen. Es ist ebenso bedauernswert, dass die Muslime, denen diese Lehre überbracht wurde, sich selbst ebenfalls nicht danach richten. Sie hegen Feindschaft untereinander, und das ist der Fall überall auf der Welt. Frieden wird solange ein Traum bleiben, wie jede Nation ihre politischen und nationalen Interessen über die aller anderen stellt.

Wie ich zuvor ausführte, wird dies erst gelingen, wenn die Welt sich ihrem Schöpfer zuzuwenden beginnt. Selbst jetzt noch besteht Zeit, diesen Traum eines Weltfriedens in die Wirklichkeit umzusetzen. Anderweitig ist der Pfad, dem die Welt heute folgt, ein gefährlicher Pfad.

Obwohl wir uns der Konsequenzen bewusst sind, versuchen wir absichtlich, diese nicht wahrzunehmen. Die Probleme werden nicht aus der Welt geschafft, indem ich ihre Wahrnehmung verneine. Sicherlich, wir erreichen eine falsche Zufriedenheit dadurch, dass wir die Ernsthaftigkeit der Situation nicht erkennen. Dennoch, und wie ich bereits sagte, ist die heutige Situation selbst einer blinden Person vollkommen ersichtlich, und jedermann muss gezwungenermassen zugeben, dass der Weltfrieden zerstört ist und dass wir etwas tun müssen. Gleichwohl viele der führenden Länder der Welt versuchen, etwas zu unternehmen, ignorieren ihre Anstrengungen doch die Dimension ihres Schöpfers, und ihre persönlichen und politischen Interessen werden ausschlaggebend. Wenn dies geschieht, wird es oftmals schwierig, den Notwendigkeiten wahrer Gerechtigkeit und Gleichheit gerecht zu werden. Diesbezüglich lehrt der Islam:

“Allah gebietet Gerechtigkeit und uneigennützig Gutes zu tun und zu spenden wie den Verwandten; und Er verbietet das Schändliche, das offenbar Schlechte und die Übertretung. Er ermahnt euch, auf dass ihr es beherzigt.“ (Sure 16 Al-Nahl, Vers 91)

So also lautet der Weg, um Frieden zu schaffen. Lasst Gerechtigkeit walten! Und wenn Ihr wahrhaften Frieden schaffen wollt, dann lässt nicht nur Gerechtigkeit walten, sondern auch die Starken sollten die Schwächeren mit Gleichheit behandeln, und sie so behandeln, wie man seine eigenen Lieben und jene, die einem teuer sind, behandelt und von denen man einige ihrer Schwächen übersieht. Nicht jedes Problem kann mit Gewalt gelöst werden, indes entwickelt sich aus anständiger und gerechter Behandlung eine Zuneigung.

Wir können ein solches Beispiel aus der islamischen Geschichte ersehen, als Syrien in der Zeit Hadhrat Umars (möge Allah an ihm Gefallen haben), des zweiten Nachfolgers des Heiligen Propheten (Frieden und Segnungen Allahs seien auf ihm), erobert wurde. Den syrischen Christen wurde für ihr Wohlergehen eine Steuer auferlegt. Selbst hier hatte Hadhrat Umar verboten, den Armen auch nur irgendeine Steuer aufzuerlegen. Als nach einer Weile seitens des Römischen Imperiums die Gefahr eines Krieges drohte, zahlte Hadhrat Abu Ubaida (möge Allah an ihm Gefallen haben), der Gouverneur Syriens, den Christen sämtlich geleisteten Steuern zurück, und sagte ihnen, dass, weil er vielleicht nicht in der Lage sein werde, ihnen Schutz zu gewähren, er auch keinerlei Entschuldigung besässe, irgendeine Steuer einzubehalten. Davon waren die Christen dermassen beeindruckt, dass sie ohne zu zögern erwiderten, dass sie dafür beteten, dass die Muslime über die Römer siegen mögen und dann noch einmal Herrscher dieses Landes werden, weil die Muslime nicht nur Gerechtigkeit ausübten, sondern auch die Christen gut behandelten.

Der Drang nach wirklichem Frieden entspringt dem Herzen, und die Stimme, die aus dem Herzen kommt, ist die einzige, die wahren Frieden schafft, weil sie auf Liebe und Herzlichkeit gründet. Es gibt viele solcher Geschehnisse, die sich während der Zeit des Heiligen Propheten (Frieden und Segen Allahs seien auf ihm) und während der Zeit seiner Nachfolger ereigneten; und der wahre Grund lautete, dass jene Menschen die Standartenträger von Gerechtigkeit und Gleichheit waren, da in ihren Herzen aufrichtige Gottesfurcht herrschte. Folglich ist der Eindruck, dass der Weltfrieden aufgrund des Konzepts von Gott und Religion zerstört wurde, vollkommen falsch. In der Tat, und falls sich heutzutage die Welt zu Gott hingeneigt zu fühlen scheint, werden die Nationen versuchen, Frieden in der Welt zu stiften, indem sie über ihre persönlichen und politischen Interessen hinauswachsen. Frieden, der aufgrund menschlicher Anstrengungen geschaffen wird, kann nicht von langer Dauer sein. Ähnlich können Aufruhr und Unruhen, die in einigen Ländern herrschen, durch Verhandlungen und zur rechten Zeit gelöst werden, wenn es keinerlei aussenseitige Einmischungen gäbe.

Sollten die ärmeren Länder andererseits die Hilfe der reichen Länder wollen, sollten sie die Organisation ihrer Infrastruktur verbessern, Bildung leicht zugänglich machen und helfen, die Armut auszumerzen. Jedem Land, dem geholfen wird, sollte ein Ziel gesetzt werden, auf das es anhand eines vorgeschriebenen Planes über mehrere Jahre hinweg hinarbeitet, und es sollte gewarnt werden, dass, falls es jene Ziele nicht erreicht und die damit zusammenhängenden Zielsetzungen nicht zustande bringt, die Hilfe gestoppt würde. Dies wird unter der Masse jener Länder aus sich selbst heraus ein Gefühl der Verantwortung erzeugen, und dies wird eine Handlung der Tugend sein, was dabei behilflich sein wird, in jenen Ländern den Frieden zu fördern.

Indes beobachten wir in der heutigen Welt, dass es unaufrichtige, betörende Worte und wertlose Vereinbarungen sind, die Frieden schaffen. Auch hinsichtlich der Entwicklungshilfe herrscht viel Lärm um nichts. All dies wird unternommen, nicht um den armen Menschen zu helfen, sondern um politische Vorteile zu erreichen; und es zeitigt keine zufriedenstellenden Ergebnisse.

Vor allen anderen Dingen findet heutzutage ein Wettrennen um neue Entwicklungen zur Massenvernichtung statt, das die reichen und entwickelten Nationen dermassen in die Entwicklung neuer Waffen verstrickt hat, ob nun Raketen oder Atombomben oder Forschung mit dem Ziel der Zerstörung der Menschheit, dass es so aussieht, als ob ihre Vorliebe nicht darin bestünde, die Menschheit zu retten und Frieden zu schaffen, sondern darin, die Welt zu zerstören.

Andererseits sind in den Entwicklungsländern wieder Armut und Hunger auf dem Vormarsch; aber ob sie nun Opfer ihres eigenen Stolzes und ihrer Selbstsucht sind oder unter Ungewissheit leiden, sie versuchen, an diesem Rennen teilzunehmen. Es scheint, dass trotz der Besorgnis, dass der Frieden auf dieser Welt dahinschwindet und der Suche danach, wie er hergestellt werden könnte, in der Praxis der Entwicklung von Massenvernichtungswaffen mehr Beachtung zukommt.

Folglich sollten jene Länder, die die Standartenträger von Frieden verkörpern wollen, sich zusammensetzen und ausarbeiten, wie die Welt vor ihrer Zerstörung bewahrt werden kann. Wenn sie darüber nachdenken, sollten sie sich Ihres Schöpfers erinnern und anschliessend über die Besserung Seiner Schöpfung nachdenken. Doch man bedenke, dass auf dem Pfad, den sich die Welt heutzutage erkoren hat, die Folgen von Unbeständigkeit nicht nur auf einzelnes Land beschränkt bleiben, sondern sich über die gesamte Welt verbreiten. Es ist sehr gut möglich, dass wir Zeugen vieler Beispiele wie Hiroshima und Nagasaki oder noch Schlimmerem werden.

Daher lautet meine Bitte an Sie, in sich selbst hineinzuhorchen und ihren wohlwollenden Schöpfer zu betrachten. Wir dürfen unsere kommende Generation nicht benachteiligt und verkrüppelt zurücklassen, nur aufgrund unserer Fehler. Heute müssen wir Frieden schaffen, um unsere zukünftige Generation vor einem Leben der Unzulänglichkeit schützen. Wir dürfen nicht zulassen, dass unsere kommende Generation in jenem Loch der Dunkelheit versinkt, aus dem unsere Vorfahren uns herausbrachten zu dem, wo wir heute stehen. Es wäre der Höhepunkt an Selbstsucht, wenn wir aufgrund unseres falschen Stolzes oder um eines zeitlich beschränkten Vorteils willen die Zukunft unserer kommenden Generationen vergessen.

Es ist mein inbrünstiges Gebet, dass Allah der Allmächtige, die Welt dahin bringt, dass sie diese Realität versteht! Amen. Ich danke Ihnen noch einmal, dass Sie dieser Veranstaltung die Ehre Ihres Besuches erwiesen haben. Vielen Dank.

Quelle: Der 5. Khalifa der Ahmadiyya Muslim Jamaat: Mirza Masroor Ahmad, Ansprache gehalten am 24. März 2007 in der Baitul-Futuh-Moschee in Morden, England.